Das Energienetz der Zukunft

Die Energieversorgung der Zukunft lässt sich schon heute vielerorts besichtigen, auch in Braunschweig. Insbesondere den Energiekunden kommt in der Energiewelt der Zukunft eine neue Rolle zu. Denn immer mehr Verbraucher werden selbst zu Produzenten: Die Solaranlage auf dem Dach ihres Wohnhauses produziert Energie. Ein Teil des erzeugten Stroms lädt das Elektroauto, das an der hauseigenen Ladestation hängt. Bleibt etwas übrig und wird nicht vor Ort gespeichert, fließt der Strom zurück ins Netz. Dort trifft die Energie aus großen konventionellen Kraftwerken auf die vieler kleiner regionaler Erzeuger.

So sieht die neue Energiewelt aus
Das birgt auch neue Herausforderungen, denn die Netze müssen an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Das gilt für die Übertragungsnetze, die Starkstrom über große Strecken transportieren ebenso wie für die Verteilnetze, über die die lokale Stromeinspeisung und -entnahme geregelt wird. Dies bringt vier wesentliche Veränderungen mit sich: 

1. Dezentral statt zentral

Früher floss der Strom von großen Kraftwerken zu den Verbrauchern. Heute speisen weniger große Kraftwerke ins Netz ein, dafür steigt die Zahl der über das ganze Land verteilten kleinen Produzenten und Privathaushalte. Sie gewinnen Energie zum Beispiel aus Biomasse oder mithilfe von Solaranlagen auf dem Hausdach. Auch regenerative Energien wie Erdwärme, Solar- und Windparks ersetzen fossile Kraftwerke. Die Stromerzeugung wird dezentraler.

 2. Energie in alle Richtungen

Während früher der Strom zumeist in einer Einbahnstraße von zentralen Großkraftwerken über die Übertragungs- und die Verteilernetze bis zum Verbraucher floss, müssen die Netze heute Stromtransport mit “Gegenverkehr” bewältigen: der Strom fließt nicht nur von „oben nach unten“, sondern auch „quer in alle Richtungen“. Um Erzeugung und Verbrauch bedarfs- und verbrauchsorientiert aufeinander abzustimmen, muss das Stromnetz deshalb „intelligenter“ – beziehungsweise „smarter“ und „digitaler“ – werden.

Mit der Solaranlage auf dem Dach werden Verbraucher zugleich zu Produzenten. Eine gute Sache. Nur: Aktuell nutzen noch nicht alle Haushalte einen Energiespeicher. Zudem werden deutlich mehr Großspeicher auf Ebene des Hochspannungsnetzes benötigt. Strom, der vor Ort nicht verbraucht wird, fließt zurück ins Netz. Das heißt, das Netz muss sowohl Strom verteilen als auch aufnehmen können. Und das an vielen verschiedenen Orten. Eine komplexe Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern, Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern erfordert.

 3. Starke Netze braucht das Land

Rund zwei Millionen Kilometer Stromnetze durchziehen schon heute unser Land. Und es werden noch mehr. Die Netzbetreiber investieren Rekordsummen in den Netzausbau. Denn mit der Abkehr von fossiler Energie steigt der Strombedarf: In immer mehr Gebäuden heizen strombetriebene Wärmepumpen, immer mehr Autos fahren mit Strom statt Benzin. Damit die Energie dort ankommt, wo sie gebraucht wird, bauen die Betreiber sukzessive die Netze aus und erneuern bestehende Leitungen.

 4. Smartes Zusammenspiel

Die Einspeisung aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne, Wasser und Biomasse schwankt. Damit das Netz trotzdem stabil bleibt, müssen sich Verbrauch und Erzeugung die Waage halten. Dazu feilen Netzbetreiber an Technologien wie Smart Grids, also intelligenten Stromnetzen mit zentraler Steuerung, und Smart Metern, sprich digitalen Stromzählern. Diese übertragen eigenständig Messwerte an Haushalte, Netzbetreiber und Energielieferanten. Kunden erhalten so Einblicke in ihr Verbrauchsverhalten. Auch die Netzbetreiber profitieren, da sie Vorgänge im Netz mithilfe der smarten Technologie besser koordinieren können. Wenn es gelingt, Erzeuger und Verbraucher so zu vernetzen, dass vor allem vor Ort erzeugter Strom die Wärmepumpe antreibt und das Elektroauto lädt, ist ein großer Schritt in Richtung klimaneutrale Energiezukunft getan.